Als Grundlage für die Zusammenstellung dienten mir die Bücher "Maria Montessori" von Helmut Heiland sowie "Montessori heute" von Hans-Dietrich Raapke.
Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in Italien (Chiaravalle) geboren und blieb das einzige Kind von Alessandro und Renilde Montessori. Während der Vater Maria sehr konservativ erzog, verhielt sich ihre Mutter sehr offen und aufgeschlossen. Marias Mutter war eine sehr gebildete Frau und hatte so vermutlich auch schon früh einen großen Einfluss auf Marias schulische Entwicklung, da sie sich für ihre Tochter nach erfolgreicher Schulzeit einen ebenso erfolgreichen wie qualifizierten Abschluss wünschte. So soll Maria Montessori auch schon als Kind sehr selbstbewusst und egozentrisch gewesen sein.
"Als die zehnjährige Maria eines Tages schwer krank war, habe sie zu ihrer besorgten Mutter gesagt: Mach dir keine Sorgen, Mutter, ich kann nicht sterben, ich hab' noch zuviel zu tun." (Heiland, 2006, S.13)
Der Umzug nach Rom 1875 erlaubte Maria die sechsjährige Grundschulzeit mit höheren Bildungschancen zu absolvieren als es in der ländlichen Gegend, aus der sie mit ihrer Familie kam, möglich gewesen wäre. Sie durchlief die Grundschule unproblematisch und mit zunehmenden Erfolg. Schon in jungen Jahren soll sie eine gute und ehrgeizige Lernerin gewesen sein.
Bis 1890 besuchte Maria, die sich schon zum Ende der Grundschulzeit insbesondere der Mathematik widmete, eine naturwissenschaftlich-technische Sekundarschule. Dort begann ein atypischer Bildungsweg für die damalige Zeit, denn nur wenige Mädchen besuchten überhaupt eine Sekundarschule. Die sehr bildungshohen technisch-orientierten Sekundarschulen wurden an sich nur von Jungen besucht. Entgegen ihrer eigenen Pädagogik durchlief Maria einen sehr autoritären sowie wenig (bis gar nicht) selbstbestimmten Unterricht. Das Auswendiglernen von Lehrtexten stand an oberster Stelle, der Transfer von Geleistetem war nicht gefragt. Zunächst wollte Maria Montessori Ingeneurin werden - zum Ende ihrer Schulzeit offenbarte sie ihrem fassungslosen Vater jedoch, sie wolle Ärztin werden. Dies schien zur damaligen Zeit unmöglich: bis dahin gab es keine Frau, die den Wunsch nach einem Medizinstudium äußerte und dies auch umsetzte.
(nach Helmut Heiland: Maria Montessori. Hamburg: 1991, 10. Auflage 2006, S. 7-17)
Zunächst wurde Maria Montessori das Studium der Medizin nicht gestattet. So studierte sie an der Universiät in Rom 1890 für zwei Jahre Mathematik, Physik und Naturwissenschaften - Fächer, welche u.a. auch dem (verwehrten) Vorstudium der Medizin entsprachen. Wie nicht anders zu erwarten, schloss sie auch hier bravourös ab und erlangte so die Zulassung für ein Medizinstudium. Welche Instanzen ihr letztendlich den Weg in die reine Männerdomäne des Medizinstudiums verschafften, bleibt unklar.
1892 begann sie als erste und einzige Frau Italiens das Medizinstudium. Neben den Lernfächern Pathologie und klinische Medizin musste Maria Montessori auch Anatomie belegen. Da es undenkbar war, mit ihren männlichen Kommilitonen zusammen Leichen zu sezieren, musste sie dies allein tun. "Aber mit eiserner Energie und Willenskraft überwindet Maria diese belastende Situation." (Heiland, 2006, S. 23)
Auch das Medizinstudium bereitete Maria Montessori keine Probleme. Sie bestach weiterhin mit herausragenden Leistungen, gewann Stipendien und konnte so schon während des Studiums als vorzeitige Assistenzärztin in verschiedenen klinischen Einrichtungen praktische Erfahrungen sammeln. Zum Ende des Studiums legte sie ihren Schwerpunkt in die Kinderheilkunde. 1896 erhält Maria Montessori ihren Doktortitel, als erste Frau Italiens! Sie promovierte mit herausragender Leistung. Von nun an stand Maria "im Licht der Öffentlichkeit". (Heiland, 2006, S. 25)
Auch in der Frauenbewegung engangierte sich Montessori engagiert und vertrat die italienischen Frauen auf dem "Internationalen Kongress für Frauenbestrebungen" im September 1896 in Berlin. (vgl. Raapke, 2001, S. 171)
(nach Helmut Heiland: Maria Montessori. Hamburg: 1991, 10. Auflage 2006, S. 22-26)
Schon während ihres Studiums schien ihr nicht der Ruhm wichtig zu sein (als erste Ärztin Italiens Krankheitsbilder zu diagnositizieren). Vielmehr interessierte sie sich für das "Warum" und dafür, wie man den kranken Menschen therapeutisch behandeln konnte. Heiland sieht darin "bereits eine pädagogische Komponente". (Heiland, 2006, S. 21)
Während ihrer ersten Berufsjahre war sie 1896 zunächst Assistenzärztin in einer Chirurgie. 1897 assistierte sie an der Psychiatrischen Klinik der Universität Roms und setzte sich intensiv mit dem französischen Arzt sowie auch Pädagogen Séguin und dessen Lehrmeister Itard auseinander. So entwickelten Séguin und Itard aus einem heilpädagogischen Ansatz heraus bereits Material (von Maria Montessori später didaktisch aufgearbeitet), welches zum Beispiel "die Isolierung des einzelnen Sinnes beim Training" (Heiland, 2006, S. 40) berücksichtigte. Auch die geometrische Kommode, die Einsatzzylinder, das Sinnes- und Dimensionsmaterial sowie erste Übungen des täglichen Lebens (Schnürschuhe binden) fanden ihren Ursprung bei Séguin und Itard.
1898 bekam Maria Montessori einen Sohn: Mario. Mario Montessori blieb unehelich und wuchs zunächst bei Pflegeltern auf, ohne zu wissen, wer seine eigentliche Mutter war. Um diesen sehr privaten Abschnitt ihres Lebens ranken sich viele Vermutungen - Tatsache bleibt, dass ihre "Entscheidung gegen Ehe und Mutterschaft, zugunsten von Öffentlichkeit und Pädagogik" fiel. (Heiland, 2006, S. 34) Erst nach 15 Jahren nahm sie ihren Sohn zu sich und von da verband sie eine innige Beziehung bis über ihren Tod hinaus.
Geprägt durch ihre intensive Arbeit mit behinderten Kindern unterstützte Maria Montessori die Ausbildung von Pädagogen für Kinder mit geistigen Behinderungen und übernahm 1900 die Leitung einer Modellschule. (Raapke, 2001, S. 174) Montessori begann 1902 wieder zu studieren, unter anderem Pädagogik. Zwischen 1902 und 1906 hielt sie zudem zahlreiche Vorlesungen. Zusätzlich erschienen viele weitere medizinische Veröffentlichungen. (Heiland, 2006, S. 35)
(nach Helmut Heiland: Maria Montessori. Hamburg: 1991, 10. Auflage 2006, S. 27-43)
Maria Montessori beobachtete, dass die pädagogisch aufbereiteten Materialien den Kindern mit Behinderungen so sehr halfen, dass einige von ihnen genauso gut in der Schule abschnitten, wie "normale" Kinder, welche keine Förderung der Art erhielten. "Warum sollten dann nicht auch diese normalen Kinder, wenn man die gleichen Methoden bei Ihnen anwendete, zu einer viel günstigeren Entwicklung angeregt werden als in jenen Schulen, in denen alle Freude der Kinder am Lernen erstickt wurde?" (Raapke, 2001, S. 176)
1907 wurde das erste Kinderhaus / Casa dei bambini im Arbeiterviertel San Lorenzo in Rom eröffnet. Maria Montessori, die auf eine Gelegenheit wartete ihre Materialien und Methoden auch "normalen" Kindern zugänglich zu machen, übernahm die Leitung des Kinderhauses. Hier erlebte Montessori, wie sich auch geistig und körperlich normal entwickelte Kinder den Angeboten gegenüber öffneten. "Die geistigen Kräfte können durch Angebote seiner Umgegebung aktiviert werden. Sie äußern sich dann eruptiv, explosionsartig. Sie werden aber nicht im direkten Zugriff durch Erziehung aktiviert, sondern im freien Umgang des Kindes mit Materialien, die es seine Sinne, seine Motorik und dann eben auch seine ganze geistige Kraft, auf den Gegenstand konzentrieren lassen." (Heiland, 2006, S. 46)
Grundlagen ihrer pädagogischen Arbeit, wie die "Freie Wahl der Arbeit" sowie die "Polarisation der Aufmerksamkeit" fanden hier ihren Ursprung. Montessoris Methoden waren erfolgreich und schon in den nächsten Jahren eröffneten mehrere Kinderhäuser in Rom, Mailand und auch in der italienischen Schweiz. Maria Montessori entwickelte ihre Methoden sowie das Material weiter. Kinderhäuser bekamen ihren Namen, da sie tatsächlich Häuser für Kinder waren: kleine Tische und Bänke, niedrige Schränke und Regale, sanitäre Einrichtungen auf Kindergröße zugeschnitten sowie kindgerechtes Geschirr, Grünpflanzen, schöne Bilder, die das "Leben" im Kinderhaus so familiär machten. Die täglichen Übungen des Lebens wurden den Kindern nicht nur zugetraut - noch mehr: Sie wurden aufgrund der Einrichtung sogar erst möglich gemacht!
1909 gibt Montessori erstmalig ihre Erfahrungen sowie ihr Wissen in Form eines Ausbildungskurses weiter und veröffentlicht bald darauf "Il metodo" - keine "Abhandlung über wissenschaftliche Pädagogik" (Heiland, 2006, S. 55), wie sie selbst sagt, sondern vielmehr "ein Bericht über das pädagogische Experimentalprogramm von San Lorenzo" (Heiland, 2006, S. 58). Der Fokus liegt hier auf dem Material, der vorbereiteten Umgebung sowie der Funktion der beobachtetenden Pädagogin.
Mit "Il metodo" hatte Montessori schnell internationalen Erfolg. Schon 3 Jahre später erschien in den USA die übersetzte Ausgabe "The Montessori Method" mit bahnbrechender Verkaufszahl. "Wäre Maria Montessori im Jahr 1906 36-jährig gestorben, wäre außerhalb eines relativ begrenzten Umkreises niemand auf sie und ihre Arbeit aufmerksam geworden; nur zwei Jahre später dagegen - 1908 - war ihr Name durch ihre Pädagogik weltberühmt." (Raapke, 2001, S. 183)
Mit ihrem Erfolg übernahm Montessori gleichermaßen eine große Verantwortung und verabschiedete sich 1910 sowohl von ihrer ärztlichen Laufbahn als auch von ihren Lehrtätigkeiten an den Universitäten.
Montessori reiste viel - 1913 u.a. das erste Mal in die USA -, hielt weiterhin viele Vorträge und veröffentlichte ihre großen Werke: 1914: Dr. Montessoris Own Handbook (Mein Handbuch) sowie viele Jahre später:The Secret of Childhood (Kinder sind anders) -1936.
Über viele Jahre versuchte Maria Montessori ihre Pädagogik nur durch sich selbst als Ausbilderin weiter zu geben. Sie ließ andere (ihr und ihrer Pädagogik nahstehende Menschen) unter gar keinen Umständen die Ausbildung von Montessori-Lehrkräften übernehmen. Da sie ihre bisherigen beruflichen Tätigkeiten aufgab, blieben ihr neben Tantiemen nur die Gebühren der Ausbildungskurse.
Es wurden verschiedene Montessori-Gesellschaften gegründet (u.a. in den USA, in Deutschland sowie den Niederlanden) und die weite Verbreitung machten es Maria Montessori schwer, immer anwesend zu sein und ihr "Monopol der Pädagogik" zu verteidigen. Dieser absolute Anspruch an ihre eigene Pädagogik wurde auch kritisiert. Viele Montessori-Gesellschaften wollten mehr Selbstständigkeit, da es für Maria Montessori kaum noch zu schaffen war, alle Kurse alleine zu halten. Der Kursumfang belief sich schon 1919 auf "50 Stunden Vortrag, 50 Lehrstunden (über das Material) und 50 Stunden Beobachtung (Hospitation) in Montessori-Klassen." (Heiland, 2006, S. 76)
1929 gründete Montessori die AMI (Association Montessori Internationale) zunächst mit Sitz in Berlin (seit 1935 dann in den Niederlanden, Amsterdam). Bis heute ist es die Aufgabe der AMI, die Grundsteine der Montessori-Pädagogik zu schützen -> die pädagogischen Prinzipien gekoppelt mit dem didaktischen Material. Die vielen Gesellschaften sowie die Ausweitung ihrer Pädagogik in Schulsysteme, bereiteten Montessori zunehmend Sorge, "dass das auf [oben erwähnten] zwei Säulen [...] stehende System verfälscht und aufgeweicht werden könnte[...]." (Raapke, 2001, S. 186) Die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Kinder im Arbeiten und Lernen waren für Montessori selbstverständlich. Genau diese Selbstständigkeit und Unabhängigkeit sollte für montessoribegeisterte Pädagogen nicht gelten. Maria Montessori ging davon aus, dass von ihr entwickelte Materialien bei unsachgemäßer Nutzung zu Misserfolgen führten und so ihre Pädagogik zur Verantwortung gezogen werden würde.
Noch im selben Jahr fand der erste von insgesamt 9 Internationalen Montessori-Kongressen statt. Der letzte Interantionale Montessori-Kongress wird 1951, ein Jahr vor ihrem Tod, stattfinden.
Von 1916 bis 1936 lebte Maria Montessori in Barcelona und bekam dort auch die Möglichkeit, eine Ausbildungsstätte für ihre Pädagogik einzurichten. Insbesondere für den Schulunterricht entwickelte Montessori neue didaktische Materialien in den Bereichen der Mathematik, Geometrie und der Grammatik (vgl. Raapke, 2001, S. 190). Auch in religiöser Hinsicht erfolgte eine Entwicklung: Nicht nur durch den Tod ihrer Mutter (1912) sondern auch durch offenkundiges Interesse eines katholischen Geistlichen an der Montessori-Pädagogik bekam Maria Montessoris Pädagogik fortan auch einen religiösen Schwerpunkt und sie gründete ein Kinderhaus in der Kirche.
Während ihrer Zeit in Barcelona machte Montessori viele Reisen (u.a. USA, England, Niederlande, Italien, Österreich sowie Deutschland) und auch nationale wie internationale Ausbildungskurse fanden weiterhin statt. "Der Einflussbereich der Montessori-Pädagogik erstreckt sich von Europa in die Vereinigten Staaten über den indischen Subkontinent bis nach Japan." (Ulrich Steenberg: Handlexikon zur Montessori-Pädagogik. Münster: 2007, 6. Auflage, S. 185)
Das mehr und mehr vorherrschende nationalsozialistische Regime führte in den frühen 30er Jahren zur Schließung der Montessori-Einrichtungen. 1936, mit Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs, floh Montessori nach Laren (nahe Amsterdam). Auch ihr Sohn Mario, der mittlerweile Frau und Kinder hatte, wechselte seinen Wohnsitz in die Niederlande. "In der Kleinstadt Laren entstand wiederum ein Ausbildungszentrum und die AMI hatte nun ihr Hauptquartier in Amsterdam." (Raapke, S. 194)
Der erlebte Erste Weltkrieg sowie der 1939 ausbrechende Zweite Weltkrieg waren für Maria Montessori Grund genug sich intensiv mit dem Thema "Frieden und Erziehung" auseinanderzusetzen. Für sie war das Kind der Garant für den Frieden und damit maßgeblich verbunden die entsprechende Erziehung.
1939, noch vor Kriegsausbruch, flogen Maria und Mario Montessori zu Vortragszwecken nach Indien. 7 Jahre sollten sie dort verbringen, von den Briten in Indien interniert.
(nach Hans-Dietrich Raapke: Montessori heute. Hamburg: 2001, S. 183 -198)
Die Zeit der politischen Gefangenschaft in Indien wurde von Maria und Mario Montessori genutzt, die letzte Säule der Montessori-Erziehung aufzubauen: die Kosmische Erziehung. Da Indien viel Hoffnung in Maria Montessori setzte (hohe Analphabetenrate bei Kindern sowie Erwachsenen), wurden die Umstände der Gefangenschaft so angenehm wie möglich gestaltet. Schon bald hielt Montessori auch in Indien einen internationalen Ausbildungskurs. (vgl. Raapke, 2001, S. 200) Es sollten noch weitere folgen.
1946 kehrte Maria Montessori vorläufig in ein zerstörtes Europa nach dem 2. Weltkrieg zurück. Auch ihr pädagogisches Werk war mehr oder weniger zertrümmert. Zunächst ging sie nach Italien, 1947 flog sie erneut mit Mario nach Indien, hielt weiterhin Kurse und besuchte Ausbildungszentren. 1949 zog sie nunmehr endgültig nach Europa (die Niederlande) zurück. Zumindest dort, zunehmend aber auch im restliche Europa, erlebte sie "ein Wiederaufblühen ihres Lebenswerkes" (Steenberg, 2007, S. 186)
Ihr letztes großes Werk "The Absorbent Mind" / "Das kreative Kind - der absorbierende Geist" erschien 1949 erstmals in Indien. Wie die meisten ihrer Bücher entstand auch dieses Buch aus einer Sammlung von Vorträgen, die sie selbst hielt und deren Mitschriften von ihrem Sohn Mario stammten. (vgl. Raapke, 2001, S. 201)
Am 6. Mai 1952 stirbt Maria Montessori im Alter von 81 Jahren eines natürlichen und trotz ihres Alters überraschenden Todes. Noch im Sommer 1951 hielt sie ihren letzten Ausbildungskurs. (Vgl. Heiland, 2006, S.109-110)